TTIP: Europäische Landwirtschaft soll geopfert werden
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Von Marco Vanek
Die Vorbereitungen für die Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) laufen zurzeit auf Hochtouren. „CETA ist fertig verhandelt – und ebenso gefährlich wie sein großer Bruder TTIP, auch wenn es bei Weitem nicht so bekannt ist“, sagte der Grüne Europaabgeordnete Michel Reimon im Rahmen eines Informations- und Aktionsworkshops der GBW OÖ. Im Mai wird die EU-Kommission dem Rat empfehlen, das Abkommen zu ratifizieren und noch dieses Jahr wird es im EU-Parlament abgestimmt. Für die Umsetzung braucht es also noch sowohl die Zustimmung des Europaparlaments als auch die der nationalen Parlamente.
„Geht es nach der EU-Kommission soll CETA schon nach der Abstimmung im Europäischen Parlament im Herbst ‚vorläufig‘ in Kraft treten, und zwar ohne Zustimmung des österreichischen und der anderen Parlamente. Gültig wären dann zwar nur jene Teile, die EU-Kompetenzen betreffen, von vorläufig kann aber nicht die Rede sein: Dieser Teil gilt dann voll, das Abkommen ist somit in Kraft.“
Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon sieht bei dieser Vorgangsweise eine klare Taktik der EU-Kommission: „Ist CETA einmal angenommen, werden sich viele Abgeordneter schwertun, Nein zu TTIP zu sagen. Das ist eine durchsichtige Zitzerl-Partie. Wir müssen daher als Erstes CETA verhindern, dann wird es leichter TTIP zu Fall zu bringen.“
Für TTIP steht die nächste Verhandlungsrunde bereits vor der Tür. Noch Ende April soll in New York weiterverhandelt werden. Beide Verhandlungsseiten betonten im Jänner noch, dass sie die Verhandlungen dieses Jahr unter der Obama-Regierung zu Ende bringen wollen - auch wenn wohl erst die nächste US-Regierung unterschreibt.
„Der Widerstand gegen die Freihandelsabkommen CETA und TTIP ist in Österreich groß - so groß, dass sich sogar ÖVP-Präsidentschaftskandidat Andreas Khol davon distanzierte. Reinhold Mitterlehner hat wohl berechtigte Zweifel, ob er eine Mehrheit dafür im Nationalrat politisch durchsteht und will diesen halb umgehen, halb zwingen."
Dazu kommt: „Die Kommission versucht gezielt, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen, indem sie über ein neues System des Investitionsgerichtshofs (ICS) Konzernen vor Gericht Sonderrechte einräumt. Man schafft damit ein juristisches Parallelsystem, in der internationale Großkonzerne mit all ihrer Finanzmacht Staaten verklagen können. Das Prinzip des Investitionsschutzes - Konzerne klagen gegen neue Gesetze - bleibt voll aufrecht.
Landwirtschaft versus Beschaffungswesen
In den nächsten Verhandlungen stehen neben dem Investitionsschutz weitere große Brocken zur Diskussion. Die EU-Kommission hat den AmerikanerInnen angeboten, die europäische Landwirtschaft zu öffnen, wenn im Gegenzug europäische Unternehmen Zugang zum US-amerikanischen Beschaffungsmarkt bekommen. „Nach US-amerikanischen Recht werden lokale Unternehmen im öffentlichen Beschaffungswesen bevorzugt. Dieses öffentliche Beschaffungswesen will die europäische Industrie, Bauwirtschaft und diverse Dienstleistungsbranchen aufbrechen. Hier würde sich für Europas Konzerne ein riesiger Markt öffnen, vor allem für deren Industrieprodukte.“ Im Gegenzug könnten amerikanische Agrar- und Lebensmittelkonzerne am europäischen Agrarmarkt expandieren. Es würden dann die niedrigeren US-Standards gelten.
„Europäische Großkonzerne schielen auf den öffentlichen Beschaffungsmarkt der USA und die Kommission setzt das durch. Das passiert auf Kosten der europäischen Landwirtschaft, der europäischen KonsumentInnen und unserer Lebensmittelstandards. Damit zeigt sich wieder einmal, dass die Grundausrichtung von TTIP falsch und nicht reparierbar ist."
Ziel: TTIP-Verhandlungen abbrechen
„Die nächsten Monate werden entscheidend sein. Einerseits müssen wir eine Mehrheit im Europaparlament gegen CETA organisieren und andererseits Druck aufbauen, damit TTIP nicht mehr weiterverhandelt wird.“ Reimon gibt zu Bedenken: „Österreich allein wird TTIP nicht zu Fall bringen können. Da wäre der Druck der 27 anderen Mitgliedsländer gegenüber zu groß. Wir brauchen mindestens fünf weitere Länder. Reimon hofft besonders auf Frankreich und die Niederlande, dass die dortigen Regierungen durch den großen TTIP-Widerstand ihrer eigenen Zivilgesellschaften auf einen Verhandlungsabbruch einschwenken.