- Umwelt
- Energiewende von unten
Fracking - auch ein ökonomisches Desaster
Fracking heißt die Zukunftshoffnung jener, die hoffen, dass es im Energie-Bereich weiter geht wie bisher: Billige fossile Rohstoffe können in Unmengen verbrannt werden. Dank riesiger Vorkommen von Schiefergas, Ölsanden und sonstigen „nicht-konventionellen“ Vorkommen sollen die Preise fallen und die begehrte Energie in einem Ausmaß zur Verfügung stehen wie vor dem ersten Ölschock 1972.
Die Gewinnungsmethode heißt „Fracking“ (hydraulic fracturing) und wird von großen Erdölfirmen wie Exxon, Royal Dutch Shell, British Gas Group betrieben – aber nur dort, wo es bescheidene Umweltauflagen gibt und wo kaum politische Auseinandersetzungen zu erwarten sind. Die OMV probierte Methoden des „Clean Fracking“ (ohne Gift) aus, doch diese erwiesen sich als unwirtschaftlich und wurden eingestellt.
Wie sich der Giftcocktail zusammensetzt, der zusammen mit Wasser und Sand in den Boden bis gut 2.000 m Tiefe gepresst wird, bleibt ein Geheimnis der Firmen. Nur 0,5 – 2% Prozent der Flüssigkeit seien Chemikalien, doch bei 10 Millionen Litern Wasser pro Bohrloch kommt einiges zusammen: 50 bis 200 m³ an Gleitmitteln (z.B. Acrylamid, eine stark genschädigende Substanz), Korrosionsschutz, Säuren (z.B. Salzsäure) und Bioziden. Ein Teil dieser Mischung verbleibt im Boden, das meiste wird wieder an die Erdoberfläche gepumpt und „gelagert“ - was soll man sonst damit tun?
Mit dem gewonnenen Schiefergas wird gleichzeitig Lagerstättenwasser gefördert, das hohe Konzentrationen an Salzen, Schwermetallen und radioaktiven Substanzen enthalten kann. Diese Stoffe sind für Mensch und Umwelt giftig. Sie dürfen daher weder in das Grundwasser noch in die Flüsse oder in die Böden gelangen. Wo in den USA nach Schiefergas gebohrt wird, hat sich die Qualität des Trinkwassers und der Brunnen jedenfalls verschlechtert. Trübes Wasser, Wasser mit üblem Geschmack, ja sogar radioaktives Wasser kam aus den Wasserhähnen.
Doch selbst wenn die Bohrlöcher entsprechend abgedichtet werden könnten, damit Grundwasser und Brunnen verschont bleiben, ist noch nicht geklärt, wie die Abwässer unschädlich entsorgt werden können.
Auf die Schiefergas fördernden Firmen könnte sich der neue Gas-Boom desaströs auswirken, in der Folge aber auch auf die Weltwirtschaft. Die Tiefenbohrungen kosten Milliarden und müssen in viel dichteren Zeitabständen als geplant vorgenommen werden. Die Ergiebigkeit der Bohrlöcher erschöpft sich sehr schnell, ihre Förderleistung geht schon im ersten Jahr um 60-90% zurück, schreibt die Zeitschrift „Nature“ (Nr 481, 2012). Dass die vorhandenen Gasvorräte von den Firmen bewusst um ein Drittel zu hoch angegeben werden, wie die Zeitschrift „Energy Policy“ schreibt, hat zwar Euphorie ausgelöst, doch auch den Gaspreis mehr als halbiert und damit die Einnahmen der Firmen. Der Pionier der Schiefergasgewinnung, Chesapeake Energy musste bereits Gasfelder verkaufen, um finanziellen Verpflichtungen nach zu kommen. Die Firmen benötigen für ihre immensen Investitionen Kredite, die zu äußerst unklaren und kostspieligen Konditionen vergeben werden. Die Finanzindustrie schnürt daraus problematische Pakete (ähnlich den Subprime-Krediten), die sie unter die Leute bringt. Es wird neben der Umwelt also auch der Finanzmarkt ein weiteres Mal vergiftet.
Es wäre interessant zu erfahren, ob und zu welchem Preis eine Versicherung all diese Risken versichern würde. Oder soll, wie bei den Atomreaktoren, die Allgemeinheit alle Risken und Kosten tragen, während allfällige Gewinne privatisiert werden?
Und noch zwei aktuelle Zeitungsartikel zum Thema: Süddeutsche, FAZ