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Fracking - Klimafreundliches Gas? Eine Brücke führt in die Sackgasse
Gas gilt als relativ „sauber“ im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern wie Kohle oder Erdöl. Werden nur die Treibhausgasemissionen (THG) betrachtet, die während der Energieproduktion entstehen, sprich im Kohle- oder Gaskraftwerk frei werden, so erzeugt Erdgas 50% weniger CO2 als Kohle.[1] Allerdings beschränkt man sich darauf, ist neben Sonnen- und Windenergie auch die Atomkraft 100% sauber.[2] Um die tatsächlichen Klimaauswirkungen eines Energieträgers zu berechnen, muss der ganze Produktionsprozess, von der Rohstoffförderung bis zur Entsorgung, angeschaut werden.
Vom Abbau bis zur Entsorgung
Eine Life-Cycle-Analysis, auch Lebenszyklusanalyse genannt, bezieht die unterschiedlichen Schritte im Produktionsprozess in ihre Berechnungen mit ein. So spielen auch die THG, die während der Bohrungen und des Transports freigesetzt werden, eine Rolle in der Klimabilanz. Wird diese Art der Analyse angewandt, ergeben sich ganz andere Berechnungen für die verschiedenen Energieträger. Während sich sonst die THG-Bilanz bei Gas, das mittels Fracking gefördert wird, nicht von konventionellem Erdgas unterscheidet, gehen ihre Emissionswerte bei einer Lebenszyklusanalyse weit auseinander.[3]
Anfang 2011 veröffentlichte der Ökologieprofessor Roberth Howarth von der Cornell University New York eine Studie, die für reichlich Diskussion unter KlimaforscherInnen sorgte. Howarth und seine KollegInnen kommen zu dem Ergebnis, dass Erdgas aus unkonventionellen Quellen klimaschädlicher sei als Kohle.[4] Dieses Ergebnis kommt vor allem aufgrund des hohen Methanausstoß während des Produktionsprozesses zustande. Das THG Methan tritt zwar in geringeren Mengen als CO2 auf, ist jedoch um ein vielfaches klimaschädlicher. Andere darauf folgende Studien versuchen, diese Ergebnisse wieder zu relativieren. So besagt eine Studie von Hultman et al. (2011), dass der CO2-Fussabdruck von unkonventionellem Gas um 44% geringer ist als der von Kohle, jedoch immer noch um mindestens 11% größer als bei konventionellem Erdgas.[5] Die unterschiedlichen Ergebnisse der Studien beruhen vor allem auf den divergenten Berechnungsmethoden für die Schädlichkeit von Methan, sowie die dünne Datenlage über dessen Ausstoß während des Produktionsprozesses.
Methan liegt in der Luft
Howarth’s Studie besagt, dass zwischen 3,6 und 7,9% der gewonnen Gasmenge (Erdgas besteht zwischen 75 bis 99% aus Methan)[6] während des Produktionsprozesses in die Atmosphäre gelangen. Darin sind auch die Emissionen während der Bohrungen, der Verarbeitung, des Transports, der Lagerung und Verteilung enthalten. Weitere Emissionen können bei der Verflüssigung von Gas austreten. Um Methan und CO2 miteinander vergleichen und auf dessen Klimaschädlichkeit schließen zu können, wird der Methanausstoß in CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet. Jedoch gibt es auch hier unterschiedliche Berechnungen: Während der Weltklimarat für den Zeitraum von 20 Jahren von einer 72-mal höheren Klimaschädlichkeit von Methan gegenüber CO2 ausgeht, kommt Drew Shindell vom Goddard Institut der NASA sogar auf das 100-fache. Des Weiteren spielt der Zeithorizont eine wichtige Rolle, da die Klimaschädlichkeit von Methan über die Jahre schneller abnimmt als die von CO2. So kommen die Berechnungen des Weltklimarats bei einem 100jährigen Zeithorizont nur noch auf eine 25-mal höhere Schädlichkeit.[7] Entscheidend für die Zukunft des Weltklimas sind, so auch Professor Howarth, jedoch die nächsten 20 Jahre. Reduzieren wir die THG-Emissionen nicht drastisch, sind die katastrophalen Auswirkungen einer Erderwärmung nicht mehr zu stoppen.
Bremse für die Energiewende
Wie man’s auch dreht und wendet, egal ob unkonventionelles Gas jetzt klimaschädlicher ist als Kohle oder nicht, eins ist klar: Mit Fracking haben wir weder eine saubere noch eine klimaschonende Energie gefunden. Während Fracking als neues Heilmittel gepriesen wird, werden Investitionen in regenerative Energien vernachlässigt. Das ist nicht nur für das Klima verheerend, sondern auch energiepolitisch und wirtschaftlich unrentabel. Würde die selbe Summe anstatt in Schiefergas in Windanlagen investiert, so eine Studie der University of Manchester, würden bis zu 50% mehr Strom erzeugt werden können.[8]
[1] http://green.wiwo.de/kolumne-fracking-verandert-die-welt-und-die-energiewende/
[2] http://energy.law.wvu.edu/wvulaw_energy_forward/2011/8/22/life-cycle-analysis-of-greenhouse-gas-emissions---coal-versus-natural-gas-from-fracking
[3] http://energy.law.wvu.edu/wvulaw_energy_forward/2011/8/22/life-cycle-analysis-of-greenhouse-gas-emissions---coal-versus-natural-gas-from-fracking
[4] http://thehill.com/images/stories/blogs/energy/howarth.pdf
[5] http://www.abc.net.au/radionational/linkableblob/4418886/data/professor-nathan-hultmane28099s-paper-data.pdf
[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Erdgas
[7]http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2012_2016/2013_05_AS_18_Fracking.pdf?__blob=publicationFile
[8] http://www.tyndall.ac.uk/sites/default/files/coop_shale_gas_report_update_v3.10.pdf
- Howarth, Robert/ Santoro, Renee/ Ingraffea, Anthony (2011): Methane and the Greenhouse Gas Footprint of Natural Gas from Shale Formations. In: Climate Change Letters, Vol. 106, Nr. 4.
- Hultman, Nathan (2011): The Greenhouse Impact of Unconventional Gas for Electricity Generation. In: Environmental Research Letters, Nr.6.
- Broderick et al (2011): Shale Gas: An Updated Assesment of Environmental and Climate Change Impacts., Tyndall Centre, University of Manchester.