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In den Bann des Geldes geraten!
VON MARCO VANEK
Geld ist einer der Grundbausteine unseres Wirtschaftssystems. An diesem Geld wurde im ausgehenden Mittelalter eine wesentliche Veränderung vorgenommen. Pühringer schreibt in seinem Buch „War es bis dahin so, dass sich Geld durch Verleih nicht vermehren konnte, so wird diese gesellschaftliche Regel im 13./14. Jahrhundert verworfen. Seither beanspruchen alle VermögensbesitzerInnen die sogenannte Reichtumsprämie.“ Pühringer spricht bewusst nicht von Zinsen, denn einige Bestandteile von Zinsen hält er durchaus für gerechtfertigt: das Vermittlungsentgelt und die Versicherungsprämie. Unethnisch hält er jedoch jenen Teil der Kapitalvermehrung, den jemand erhält, „ohne dafür eine Arbeitsleistung erbringen zu müssen.“
Die Reichtumsprämie lag in den ersten Jahrhunderten der Neuzeit oft weit über 10 Prozent. In den letzten 200 Jahren habe sich ein durchschnittlicher Erwartungswert von 4-6 Prozent für die Reichtumsprämie herausgebildet. „Seit der Durchsetzung der Reichtumsprämie gilt folgende gesellschaftliche Regel: Wer reich ist, erhält eine Prämie.“ Mit der Reichtumsprämie habe sich das Wesen des Geldes transformiert, meint Pühringer: Aus einem reinen Tausch- und Zahlungsmittel wurde ein Wertsteigerungsmittel. Aus Geld wird Kapital. Sowie sich die Reichtumsprämie etablieren konnte, musste die Bedeutung des modernen Geldes als Kommunikationsmittel zwangsläufig immer größer werden; so groß, dass das zu Kapital mutierte Geld zum zentralen Grundbaustein unserer Gesellschaft wurde. Wir messen heutzutage fast alles in Geld: Wohlstand, gesellschaftliche Anerkennung, ja sogar die Zeit.
In seinem Buch zeichnet Pühringer nach, warum und wie diese Reichtumsprämie – gegen den Widerstand vieler Kräfte – durchgesetzt werden konnte. War sie aber erst einmal etabliert, so hat sie völlig neue Anreize für die Gesellschaft geschaffen: Wer – wie auch immer – zu Kapital kommt und dieses anlegen kann, wird mit dieser exponentiell wachsenden Prämie belohnt. Zu Kapital kann man grundsätzlich auf drei verschiedenen Wegen kommen: Raub, Arbeit und/oder Verzicht. Alle drei Wege wurden seit Beginn der kapitalistischen Ära gegangen. Anfangs war vor allem das Phänomen der „ursprünglichen Akkumulation“ zu beobachten: Die breiten Massen wurden von den neuen KapitalistInnen enteignet, bisheriges Gemeineigentum wurde privatisiert. Von ihren Produktionsmitteln beraubt blieb den meisten nichts anderes übrig, als ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Sie wurden am Beginn der Neuzeit in die an sich verhasste Lohnarbeit gedrängt. Und eben diese Arbeit wurde verdichtet und ausgeweitet, weil sich damit Gewinne steigern ließen.
Pühringer meint, dass es die Reichtumsprämie sei, die unserer Gesellschaft die Orientierung an der Wohlstandsproduktion aufzwinge. Sie sei das „oberste Ziel“ unserer Gesellschaft geworden. Alternativ dazu entwirft Pühringer am Ende seines Buches das Konzept des „guten Lebens“. Diese stelle sich dann ein, wenn wir gelingende Beziehungen zu uns selbst und den Mitmenschen entwickeln. Um sich ganz diesem Ziel widmen zu können, müsse aber die Reichtumsprämie abgeschafft werden. Daher sei ein Eingriff in die Funktionsweise des Geldsystems notwendig. Pühringer entwirft daher das Konzept einer Geldsteuer, die verhindern soll, dass sich Kapital von sich aus vermehrt. Das Buch nimmt für sich in Anspruch, das kapitalistische System grundsätzlich in Frage zu stellen. Es lädt ein, über vermeintliche Grenzen hinauszudenken.
LESETIPP:
Markus Pühringer
Im Bann des Geldes
Eine Anleitung zur Überwindung des Kapitalismus
378 Seiten, erscheint am 5. Oktober im planetVERLAG,
Preis: € 18,--
Zu bestellen über www.gbw.at oder über jede Buchhandlung
Die Buchpräsentation findet am 23.Oktober um 19.00 Uhr im Keplersalon in Linz statt.
