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Und wo bleibt die Kampagne gegen Armut?
Von?Max Gusenbauer
Wenige Meter trennen den Besucher vom Betreten der Linzer Landstraße. Er weiß um das Wagnis, er ist bestens kleinformatig informiert. Wird er bestehen, bleiben ihm Hab und Gut – wies ausgeht? Schau in die Krone.
Sorry, kleiner zynischer Sidekick zur laufenden Bettelei–Debatte. Aber die Kronen Zeitung als alleinige Info-Quelle, mag unser fiktiver Besucher tatsächlich einen Ansturm zerlumpter aber bestens organisierter Quasi-Krimineller erwarten – eine Annahme entgegen alle Zahlen und Fakten.
Kampagnisierung
Wochenlang hat das Medium das Bettel-Thema kampagnisiert. Sie treibt die Politik vor sich her, fordert Gipfelgespräch samt verschärftem Bettelverbot und hat Erfolg. Jener Gipfel hat stattgefunden und eine Gesetzesänderung, die nun auch erwerbsmäßiges Betteln unter Strafe stellt, wird am 3. Juli im Landtag beschlossen – mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und SPÖ - jener SPÖ einst gemeinsam mit den Grünen vor dem Verfassungsgerichtshof gegen ein Bettelverbot gekämpft hat.
Die Grünen sind die einzige Partei, die sich – unterstützt von sozialen Organisationen – entschieden gegen ein verschärftes Bettelverbot stellt. „Dieses ist unsozial, löst die bestehenden Probleme nicht und ist absolut überflüssig“, betont der Grüne Klubobmann LAbg. Gottfried Hirz und setzt nach: „Denn es gibt durch das Strafgesetz die ganz klare gesetzliche Handhabe, gegen die medial kolportierten kriminellen Delikte vorzugehen – seien es Diebstahl, Erpressung, Nötigung oder Menschenhandel“.
Apropos unnötig: Es sei gestattet auch auf die Exekutive zu verweisen. Denn noch im März dieses Jahres hatte Landespolizeidirektor Andreas Pilsl im Innenausschuss des Landtages die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur sogenannten Bettelei als ausreichend bewertet. „Seit dem soll das Chaos ausgebrochen sein? Mitnichten – die Bettelei hat laut Polizei nicht zugenommen, und das hat auch der zuständige Landesrat und oberösterreichische SP-Chef Entholzer eingestanden“, sieht Hirz die Linie der Grünen bestätigt und verweist auf eine mündliche Anfrage der Grünen im jüngsten OÖ. Landtag.
„Unterm Strich haben wir eine Debatte, die auf dem Rücken der Ärmsten ausgetragen wird. Wir haben eine mediale Kampagne, die uns ein Gesetz beschert, das keiner braucht, die Betroffenen weiter diskriminiert und der Lösung des Problems kein Stück näherbringt“, fasst die Grüne Landessprecherin und Grüne Menschenrechtssprecherin LAbg. Maria Buchmayr zusammen.
Armut und Not
Ja, Bettelei als dramatische Auswirkung von Armut, ist ein Problem. Für viele Menschen ein unangenehm sichtbares, verstörendes Problem, das am besten versteckt und soweit irgendwie möglich – gesetzlich unterbunden gehört. Und nein – beides ist aus Grüner Sicht natürlich keine Lösung. Diese ist zugegeben komplex, vielschichtig und kann nur auf mehreren Ebenen gelöst werden. Auf europäischer Ebene, in dem die Armutsbekämpfung in den osteuropäischen Mitgliedsstaaten vorangetrieben und die Verelendung ganzer Regionen gestoppt wird. Aber auch bei uns gäbe es genügend Ansatzpunkte, indem für Obdachlose und Notreisende aus anderen EU-Mitgliedsstaaten geeignete Strukturen geschaffen werden – von einer Basisversorgung bis hin zu Beratung und Information durch Streetworker und SozialarbeiterInnen.
„Betteln ist kein Vergnügen, keine Provokation, kein Geschäft. Betteln bedeutet Armut und Not“, bringt es Buchmayr auf den Punkt. Es wäre schon ein erster Schritt, wenn sich dagegen eine mediale Kampagne fände – nicht gegen BettlerInnen sondern gegen die Armut.