Slow City Enns – Was aus der großen Idee wurde?
NACHLESE. Ein GEHspräch in Enns im Juni 2021.
Seit 2007 ist Enns Teil des europäischen Cittá Slow-Netzwerks. Mehr als dreißig Städte haben sich in einer Charta verpflichtet, „die eigene typische Besonderheit und die eigene Identität zu wahren, die nach außen erkennbar und im inneren Kern gelebt wird“.
Wir spazierten durch den historischen Teil der Stadt und schauten uns an, wie dieses Versprechen in der Praxis umgesetzt wurde.
Schon am Hauptplatz merkte gleich, dass etwas nicht stimmt, bei der Umsetzung dieses Versprechens, von Slow-City keine Spur. Der wunderschöne Platz mit dem historischen Stadtturm ist fast zur Gänze Autoabstellfläche, nur vereinzelt gibt es Freiräume, wo zum Beispiel an jedem Freitag der kleine Wochenmarkt steht.
Nur mehr 200 EinwohnerInnen leben in der Innenstadt, auch die Infrastruktur wird oben im Zentrum immer weniger: Viele Ärzte*innen sind an den Rand gezogen, die Gastronomie dünnt sich immer mehr aus, einige Leerstände bei den Geschäften ist zu beobachten.
In den GEHsprächen war immer wieder die Rede vom Gemeinschaftsgeist der Stadt, der heute fehlt. Den Menschen fehlen die Plätze und Räume, wo sie ungezwungen zusammenkommen können.
In den letzen Jahrzehnten gab es viel Ideen wieder Leben nach oben zu brinen, doch wenn es an die Umsetzung geht, dann scheitern meist früh die Vorhaben. Etwa die Idee einer Markthalle mitten in der Stadt, die mehr ist als eine Verkaufsfläche ist. Sie könnten vielmehr eine multifunktionale Erlebnisstätte sein, war in der Diskussion zu hören, wo Menschen zusammenkommen und länger verweilen können. Mit dem Verkauf der Reithalle wurde eine große Chance vertan, so ein Konzept nach Enns zu bringen vertan.
Eines war klar: der neue Bürgermeister, wer immer es wird, muss mutiger werden, als es der langgediente war. Neue Beteiligungsformen braucht die Stadt, etwa einen Bürger*innenrat, wo sich buntzusammengewürfelte Ennserinnen und Ennser gemeinsam Zukunftsvisionen diskutieren und die Entscheidungen dafür vorbereiten, wie es der Grüne Bürgermeisterkandidat Michael Reichhardt fordert.
Enns ist war vor 14 Jahren stolz dem Bündnis der Cittá Slow beigetreten zu sein. Anfangs gab es ziemlichen Schwung, als aber die Initiatorin einige Jahre später aufhörte, lahmte das Engagement. Es braucht dringend eine Wiederbelebung dieser Idee durch neue Protagonist*innen. Vielleicht gelingt dies mit der neuen Stadtregierung ab Herbst 2021. Schade wärs um die an sich tolle Idee einer Slow City.
Text & Fotos: Marco Vanek