Wie zukunftsfit ist Steyr?

NACHLESE. Ein StadtGEHspräch ging der Frage nach, was es braucht, damit es auch die jüngere Generation wieder in die Innenstadt zieht.

Die reine Kauflogik, nach der Innenstädte in den 60ern entwickelt wurden, war schon vor der Corona-Krise am absteigenden Ast. Doch die Abwanderung ganzer Käuferschichten in Richtung Onlinehandel hat sich durch die Lockdowns exponentiell beschleunigt. Europaweit drohen ganze Stadtzentren zu veröden, warnen ExpertInnen.
 
Gleichzeitig sei jetzt die Zeit, den Umbruch multifunktional und unter nachhaltigeren Vorzeichen zu gestalten. Denn in den alten Strukturen steckt noch genug Energie für ein zweites, lebendigeres Leben.
 
Im StadtGEHspräch mit der Leiterin des Stadtmarketing Steyr Daniela Limberger und der Architektin Katharina Höfler haben wir uns verschiedene Ort in der Innenstadt näher angesehen, inwieweit sie für die Anforderungen einer zukunftsfitten Stadt erfüllen.
 
Multifunktionale Stadt
Wir waren uns einer Meinung, dass eine multifunktionale Stadt die Zukunft ist. Es sind nicht nur die reinen Geschäftslokale, sondern auch kleine Handwerksbetriebe, kleine Produktionsbetriebe, aber auch innovative Wohnprojekte bringen wieder Leben in die Stadt zurück.
 
Junge Bewohner*innen ansprechen
Am Beispiel einiger Shops in Steyr zeigte es sich: Junge Konsument*innen kaufen sehr wohl vor Ort ein, wen die Attribute umweltbewusst, lokal und unabhängig stimmen. Wichtig aber ist auch die geeignete Ansprache der jungen Konsument*innen: Die jüngeren Verbraucher*innen werden eher über die Sozialen Medien auf unabhängige Händler aufmerksam, zeigen Studien.
Jung, hip, nachhaltig soll es also sein. Von einem besonderen Café bis zum Craftbeer-Shop, vom Radl-Doktor bis zu Upcycling-Möbel, dieser Konsumtrend kann jenseits der jungen Zielgruppen auch die Kreislaufwirtschaft sowie das regionale Handwerk und die Belebung der Zentren befeuern. Ein Zukunftsfeld auch für Steyr!
 
Mehr Freiräume braucht die Stadt
Vor allem die dritte Coronawelle hat’s klar gezeigt: Junge brauchen die Stadt, auch wenn dort kaum Konsum möglich ist. Die Parks, die Uferbereiche, die großen Plätze, junge Menschen suchen Kommunikationszonen in der Stadt. Insofern braucht es adäquate urbane Wohnzimmer ohne Konsumzwang, wo man quatschen, bewegen, sich vernetzen kann. Fitness-Spots Skateparks und -hallen, Beachvolleyballplätze, freie Graffitiwände, Begegnungszonen, wie sie schön langsam im Wehrgraben entstehen.
 
Die Corona-Krise hat auch die Frequenz in der Steyrer Innenstadt in Mitleidenschaft gezogen. Es gibt aber eine Chance auf eine Belebung von Klein- und Mittelstädten, wie in Steyr durch junge Mitbewohner*innen. Aber es ist klar: Mit einem Maßnahmenpaket für verschiedene Lebensbereiche lassen sich Stadtzentren wieder für junge Bevölkerungsgruppen – vom Kleinkind über Teenager, von der Studentin bis zum Jungvater – attraktivieren. Dazu braucht es einen Paradigmenwechsel in der Art, Stadt zu leben: Stärkere Einbindung der jungen Zielgruppen und ihrer Bedürfnisse, neue Förderkulissen, viel Querdenken und den Mut, die alten, eingetretenen Pfade zu verlassen.  Wenn es die Steyrer Stadtpolitik nur will, wäre viel möglich…
 
Text & Fotos: Marco Vanek